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Lesezeichen 2009 - Eröffnungsreden

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Eröffnungsrede von Jo Köhler

Dank an die Vorredner:.
Sehr geehrter Herr Superintendent Aßmann, sehr geehrter Herr Bürgermeister Palandt: vielen Dank für Ihr Kommen! Vielen Dank für Ihre guten Worte! Ich nehme sie als Metapher für einen zauberhaften Blumenstrauß im Namen des gesamten Teams des Forum-Literaturbüros entgegen.
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Wie bringen wir die Kunst der Literatur (das Gedicht) zu den Menschen? Wie entdecken und fördern wir das schöpferische Potential in jedem einzelnen? Worin liegt überhaupt die Relevanz der Literatur und Poesie in dieser Zeit? Wofür brauchen wir sie?

Sehr geehrte Damen und Herren, verehrte Gäste und Mitwirkende!
Liebe Freunde und Förderer der Literatur!

Wir feiern heute die Eröffnung des Lesezeichenprojektes 2009/2010. Hildesheim wird von nun an für 6 Monate zum Ort der Poesie. An 16 prominenten Orten und Bauwerken (zwischen Museum, Bibliotheken, Buchhandlungen, Banken, Bahnhof, Kirchen, Kaufhäusern, Kino und Stadttheater) machen 25 monumentale Lesezeichen mit Gedichten zeitgenössischer Autoren aus Deutschland und 6 weiteren Nationen auf sich aufmerksam. Das Hildesheimer Forum-Literaturbüro lässt mit diesen überdimensionalen Lesezeichen ein bundesweit einzigartiges Kunst- und Literaturprojekt im öffentlichen Raum entstehen und lädt alle Hildesheimer und Besucher zu einem literarischen, zu einem lyrischen Rundgang ein.

Durch die Kombination von Ort und Wort entsteht ein poetisches Zusammenspiel zwischen der jeweiligen Gedicht-Installation und der Wahrnehmung des Betrachters. Wobei das wichtigste an einem Gedicht gar nicht das ist - was der Autor uns damit sagen will, sondern vielmehr das ist, was sich im Kopf und Herzen jedes einzelnen Lesers erst herausbildet. Diese Bilder kreisen dann wie Elektronenschalen um einen festen schöpferischen Kern, den man zwar nicht sieht, aber ahnt. Spüren kann!
Jeder Ort hat seinen eigenen Seelenzustand und wenn man ihn betritt, geht er auf einen über; so ähnlich ist es auch mit dem Lesen, dem Auflesen oder Auffassen von Gedichten. Man sieht sich die Orte nicht nur an, sondern wird mit dem Lesen der Verse selbst ein Teil davon.
Viele Straßen und Plätze werden so im urbanen Kontext rationalistisch eingefahrener Bahnen aus einer ganz neuen Perspektive erlebbar. Durch die Materialisierung - durch die Verortung des Gedichtes geben wir ihm jenseits medialer Vervielfältigungs- und Reproduktionswut seine Originalität, seine Einmaligkeit und damit seine Aura zurück.

Für die von uns getroffene Auswahl der 25 Lesezeichen-Gedichte war deshalb nicht nur entscheidend, ob ein Text gut ist, sondern als was und in welchem Zusammenhang ist der Text gut? Es gibt keinen festen (situationsfreien) objektiven Wert eines Gedichtes. Wert bekommt das Gedicht erst durch die Beziehung zu etwas anderem! Dem inneren und äußeren Bezug, im dem es wahrgenommen und vergegenwärtigt wird. Was keine Einschränkung seiner Qualität bedeutet, im Gegenteil. Es fördert immer neue Qualitäten zu Tage.

Lyrik verstehen wir hier als Vielfalt und in unterschiedlichsten Spielarten. 18 Dichter und Dichterinnen aus Deutschland, Russland, Italien, Ungarn, Österreich, der Ukraine und den Niederlanden kommen durch die (bis zu 4,50 Meter) großen Lesezeichen zum Tragen.

International renommierte Autoren wie Wjatscheslaw Kuprijanow, Imre Máté, Elias Dunu und der Bergsteiger und Grenzgänger Reinhold Messner finden hier mit ihren Werken ebenso Platz wie die 17-jährige Schülerin Jana Dierßen aus Hildesheim oder der 19-jährige Andreas Thamm aus Bamberg, die mit ihren lyrische Highlights aus über 2000 Einsendungen des Hildesheimer Lyrik-Wettbewerbs als weitere (Lesezeichen)Autoren ausgewählt wurden.

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Nun, dass ein so langfristiges und aufwendiges Konzept überhaupt umgesetzt werden konnte, ist all den Häusern und Einrichtungen zu verdanken, die in Hildesheim von nun an als „Hüter der Lesezeichen“ fungieren:
Roemer- und Pelizaeus-Museum / Dombibliothek / Volkshochschule / Mehrgenerationenhaus / Amei’s Buchecke / Thega Filmpalast / Theater für Niedersachsen TFN / Gemeinnützige Baugesellschaft / Hochschule für Angewandte Wissenschaft und Kunst (HAWK) / Galeria Kaufhof / Tessner-Haus (Bischöfliches Generalvikariat) / Stadtverkehr Hildesheim / Buchhandlung Decius / St. Andreaskirche / Stadtbibliothek / Sparkasse Hildesheim / Hauptbahnhof.

Hauptförderer (ganz ohne Kohle geht es nicht) sind hier die Stadt Hildesheim, die Sparkasse Hildesheim, Hildesheim Marketing, Friedrich Weinhagen Stiftung, Landschaftsverband Hildesheim und die Klosterkammer Hannover, die uns unterstützt haben.
Besonderer Dank für die logistische und technische Hilfe gilt der Kulturfabrik Löseke, der Berufsfeuerwehr Hildesheim und den Druckhäusern Köhler in Harsum und Dekosystemen Frieber in Giesen.

All den Entscheidern, die Gelder, Orte und Infrastrukturen ermöglicht haben, und das sind nicht nur Funktionen sondern immer auch Personen - Menschen mit Geist und Neigung, die zum Gelingen des Lesezeichen-Projektes beigetragen haben, möchte ich auf diesem Wege persönlich danken!

Lassen Sie mich zum Schluss noch eines bemerken: Die wesentlichen Dinge des Lebens - das Wesentliche der Welt und das Wesentliche jenseits der Welt bliebe für uns Menschen unsagbar, gäbe es da nicht die Kunst, die Musik, die Poesie.
Gedichte können trösten und besänftigen, aufrütteln und Mut machen. Worte, die einen berühren, bewegen sich immer haarscharf an der Grenze des Schweigens. Ein Gedicht kann einen Tag retten.

Ich wünsche Ihnen verehrte Zuhörer, liebe Freunde der Kunst des Wortes und der Poesie viel Freude, jetzt gleich bei der Auftaktveranstaltung hier an der Andreaskirche - und später dann hoffentlich beim Stadtwandern von Lesezeichen zu Lesezeichen.

Danke für Ihre Aufmerksamkeit!